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2023/06/14
Market Insight mit Nicolas Besson - Eine drohende Rezession... oder ein Traum?

Die beeindruckende Rally, die die Aktienmärkte in den meisten Industrieländern in diesem Jahr bisher hingelegt haben, hat viele Anleger auf dem falschen Fuss erwischt. Der Kampf gegen die unangenehm steigende Inflation hat die Zentralbanken zu einer massiven Verschärfung der finanziellen Bedingungen gezwungen. Dabei hat insbesondere die Fed ihren aggressivsten Zinserhöhungszyklus seit Jahrzehnten eingeleitet. Mit zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit und schrumpfender Liquidität hat die pessimistische Stimmung deutlich zugenommen; eine potenzielle Rezession ist wahrscheinlich die am meisten erwartete in der Geschichte der USA.  


Dies ist jedoch nicht die Botschaft, die von den Märkten vermittelt wird, da risikoreiche Anlagen seit Jahresbeginn in den USA die Performance anführen: Aktien sind um etwa 10 Prozent gestiegen (im Wesentlichen aufgrund des Technologiesektors), gefolgt von Hochzinsanleihen (+3,6 Prozent), Investment-Grade-Anleihen (+2,8 Prozent), Staatsanleihen (+2,4 Prozent) und schliesslich Bargeld mit +2 Prozent. Dies ist eindeutig die umgekehrte Reihenfolge, wie sie für ein rezessives Umfeld typisch wäre. Nur die Rohstoffe haben mit einem Rückgang von mehr als 10 Prozent eine mögliche Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten signalisiert. Die Preise liegen jetzt unter dem Niveau, das vor dem Ukraine-Krieg herrschte. 
 

Widersprüchliche Botschaften fordern Vorhersagen heraus
Wo stehen wir also? Kommt die weitgehend vorhergesagte wirtschaftliche (harte) Landung oder ist sie nur eine Illusion? Die Wirtschaftsindikatoren senden gemischte Signale aus. Es besteht eine Divergenz zwischen harten Daten (tatsächliche statistische Messgrössen wie das BIP, die Arbeitslosenquote usw., die in der Regel eher rückblickend sind), die stabil bleiben, und weichen Daten (Unternehmensumfragen, Konsumentenvertrauen usw.). Letztere deuten auf eine wirtschaftliche Schwäche hin und sind eher zukunftsorientiert. 


Unter den vielen Frühindikatoren, die üblicherweise zur Beurteilung der Richtung des Konjunkturzyklus herangezogen werden, sind die Einkaufsmanagerindizes (PMI) wahrscheinlich die genauesten.  Zur Erinnerung: Es handelt sich dabei um monatliche Erhebungen bei Führungskräften aus dem Einkaufs- und Beschaffungswesen von Hunderten von Unternehmen aus verschiedenen Sektoren. Sie beantworten Fragen zu verschiedenen Unterkategorien (Produktion/Unternehmertätigkeit, gezahlte Preise usw.), die sich in Diffusionsindizes niederschlagen. Dabei ist 50 der Schwellenwert, ab welchem sich die Geschäftslage verbessert bzw. der Schwellenwert, ab welchem sie sich verschlechtert.