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Aktualität

2018/01/10
REYL Marktkommentar: Börsengang von Saudi Aramaco

Genf – Saudi Arabien hat seine Absicht bekanntgegeben, fünf Prozent seiner staatseigenen Erdölfördergesellschaft Aramco zu verkaufen, deren Wert von der Regierung auf 2’000 Milliarden US-Dollar geschätzt wird. Diese Schätzung entspricht zwei Dritteln der Marktkapitalisierungen aller an der Londoner Börse notierten Unternehmen. Aramco wäre damit mehr als doppelt so viel wert wie Apple. Wenn dieser Verkauf zustande kommt, wäre dies die grösste Aktienplatzierung in der Finanzgeschichte mit einem Volumen von 100 Milliarden Dollar (viermal so viel wie bei Alibaba). Der Börsengang würde auch einen Einblick in die interne Funktionsweise eines der öffentlichkeitsscheusten und verschwiegensten Unternehmen der Welt erlauben.

Die Entscheidung, Aramco-Anteile zu verkaufen, ist Teil des Plans von Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) zur Einrichtung des grössten Staatsfonds der Welt. Er will damit das Königreich ein wenig von der Erdölabhängigkeit befreien. Eine noch grössere Motivation für das Königreich ist in Wahrheit die Notwendigkeit, das Haushaltsdefizit von 83 Milliarden US-Dollar zu verringern. Das entspricht mehr als 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Jahres 2016.

Sparmassnahmen in Saudi Arabien
 Im Rahmen der Bemühungen, dieses Defizit auszugleichen, hat die Regierung die Subventionen gekürzt und die Löhne im öffentlichen Sektor gesenkt. Da diese ersten Massnahmen nicht ausreichten, beschloss das Königreich, durch eine Diversifizierung der Einnahmequellen bis zum Jahr 2030 die Effizienz der staatlichen Wirtschaft zu verbessern. Derzeit macht das Öl fast 90 Prozent der gesamten Staatseinnahmen aus.

Die Privatisierung von Aramco wird folglich der erste Schritt zur Wiederherstellung des wirtschaftlichen Gleichgewichts sein. MbS hofft, Riads Abhängigkeit vom Erdöl durch die Trennung des Konzerns vom Staat zu reduzieren und zugleich über Kapital für Investitionen in neue Wirtschaftszweige zu verfügen, vom Technologiesektor – mit einer Investition von 45 Milliarden US-Dollar in den Softbank Vision Fund – bis hin zum Gesundheits- und Tourismussektor.

Die Privatisierung dieses saudischen Nationalguts ist für diesen Prozess zwar entscheidend, sie ist jedoch auch mit Hindernissen verknüpft: Vom Krankenhausmanagement bis hin zum Bau von Strassen und Stadien – die Aramco-Gesellschaft hat sich zu einem Konglomerat entwickelt, dessen Interessen weit über die Energie hinausgehen. Die Abspaltung der Nebenaktivitäten wird sich also als komplexes Unterfangen herausstellen. Sie ist aber notwendig, damit sich Investoren auf das Erdölpotenzial von Aramco konzentrieren können.