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Aktualität

2017/07/07
Diversifikation hat höchste Priorität - Interview mit Daryl Liew

Herr Liew, berücksichtigen Sie bei der Zusammen­setzung eines Portfolios auch ETFs?

Wir verwalten Portfolios für inter­natio­nale Kunden und sind dabei flexibel, wie wir eine Anlage­strategie umsetzen. Wenn wir zum Beispiel in kleine Schwellen­länder investieren wollen und keinen besseren Weg finden, können wir auch via ETFs investieren.

Gibt es an der Börse von Singapur auch ETFs?

Ja, es gibt eine Reihe von ETFs an der Singapore Exchange. Die Bedeutung dieser Produkt­kategorie nimmt zu. 

Die ETF-Industrie hat in Asien aber noch nicht so viele Produkte ausgerollt.

Es gibt auch in Asien eine ETF-Welle, aber die Nachfrage ist noch nicht so hoch. Vom Charakter her sind viele Asiaten in Bezug auf ihre Investi­tionen eher Spieler­naturen. 

Wie wichtig sind ETFs für Ihre Investment Policy? 

Der Einsatz eines ETF hängt vom einzelnen Markt ab. Nach meiner persön­lichen Meinung machen ETFs für gewisse Sektoren Sinn. Das gilt vor allem für entwickelte und liquide Märkte. In den Schwellen­ländern bin ich aufgrund der Zusammen­setzung der einzelnen Indizes von ETFs nicht überzeugt. In Asien sind sie zum Teil teuer und oft nicht die beste Lösung. 

Und wie stark nutzen Sie die klassischen aktiv verwal­teten Fonds?

Die Diversifikation eines Portfolios geniesst bei uns höchste Priorität. Wenn diese Diver­sifi­kation wegen eines zu geringen Anlage­vermögens nicht möglich ist, macht der Einsatz von aktiven Anlage­fonds Sinn. 

Entwickelt sich die Wirtschaft in Singapur unabhängig von der Konjunktur­entwicklung in China?

Nein, wenn China niesst, kriegt der Rest in Asien eine Erkältung. Die Staaten in Asien sind stark von der konjunktu­rellen Entwicklung in China abhängig. Aber es gibt keinen poli­tischen Einfluss seitens der chine­sischen Regierung auf Singapur. Mit 4,5 Millionen Einwohnern ist Singapur recht klein und die Wirtschaft ist aufgrund des beschränkten Binnen­marktes stark export­abhängig, also von der Konjunktur-Entwicklung in der ganzen Welt. Wenn es global nicht gut läuft, dann wird es auch für Singapur schwierig.

Ist Singapur vor allem ein Financial Hub oder ein relevanter Aktien­markt?

Während Hongkong eher ein Platz für die Invest­ment-Banken ist, hat sich Singapur als Stand­ort für das Private Banking etabliert. Dadurch ist Singapur in erster Linie ein Financial Hub, viele regionale Head­quarters sind hier stationiert. Der Aktien­markt nimmt aber an Bedeutung zu und gehört technisch zu den führenden in der Region. Es sind Unter­nehmen aus Indonesien, Malaysia und anderen Staaten in Singapur kotiert. Der Markt hat jedoch ein Problem mit seiner Basis, da viele lokale Unter­nehmen in Singapur noch nicht für einen Börsen­gang bereit sind. Ein grosser Teil der Firmen befindet sich noch in privater Hand. Als Vertreter der CFA-Gesell­schaft bin ich Mitglied im Listing Adivsory Board der Singapore Exchange. Diese Kommission versucht, die Möglich­keiten weiter zu verbessern und Unternehmen für einen Börsen­gang zu motivieren.

Gibt es in Singapur interessante Unternehmen an der Börse?

Ja, wir haben einige Aktien auf der Kauf­liste für unsere Kunden. 

Wieso bringen Kunden das Geld zu Ihnen - und nicht zur UBS oder Credit Suisse?

Während die Grossbanken bis zu einem gewissen Grad mit standardi­sierten Produkten und Dienst­leistungen agieren, offerieren wir jedem Kunden einen indi­vi­duellen und persön­lichen Service sowie eine massge­schneiderte Anlage­strategie.

Worin liegen die Vorteile eines Bank­kontos in Singapur? 

Da geht es um einen globali­sierten Approach. Grund­sätzlich hängt es davon ab, wo der Inhaber eines Portfolios seinen Wohnsitz hat. Kunden möchten mit einer Konto­eröffnung in Singapur näher an den asiatischen Märkten sein, sich direkten Zugang verschaffen und in der Zeitzone von Asien aktiv handeln. Europäer verpassen zum Beispiel den ganzen Handel in Japan. 

Empfehlen Sie asiatischen Kunden auch ein Konto in der Schweiz zu eröffnen?

Das ist abhängig von den generellen Erwar­tungen eines Kunden. Wenn er ein Kind in die Schweiz oder nach Gross­britannien zur Schule schicken will, ist ein Konto in Europa sinnvoll.

Verfolgen Sie, was in Europa vorgeht?

Natürlich. Einerseits haben wir die Besorgnis über die grossen Flüchtlings­ströme natürlich auch mitbekommen. Auf der anderen Seite achten wir bei der Zusammen­stellung eines Kunden­portfolios genau, was in Europa, den USA und in Asien vor sich geht.

Wie sehen Sie die Zukunft für REYL in Singapur?

Gegenwärtig ist das Umfeld eine Herausfor­derung. Die tief hängenden Früchte wurden schon gepflückt. Es gibt zwar immer noch Wachstum, aber es braucht mehr Aufwand. Die Private-Banking-Industrie hat in den letzten Jahren enorm expandiert, was derzeit zu einer Konso­li­dierung führt. Bank­häuser aus Frankreich wie Société Générale oder England wie Barclays haben sich wieder verab­schiedet und ihr lokales Geschäft verkauft. Auch die Schweizer Gross­banken bauen momentan Personal ab. Jetzt zählt wieder die Bottom-Line und weniger die Top-Line: Es geht nicht mehr einfach nur darum, Wachstum und Markt­anteile zu gewinnen, jetzt müssen auch die Rendite­zahlen stimmen. 

Haben Sie uns einen Geheimtipp für eine erfolgreiche Anlage?

Ich liebe den japanischen Markt, obwohl er in den letzten zwölf Monaten zu den schlechtesten gehörte. Inzwischen haben fast alle ausländischen Investoren ihre Anteile in Japan verkauft. Wir sehen nun bei einzelnen Aktien grosses Potenzial. Die Entwicklung des Nikkei-Index ist nicht massgebend, er schwankt stark. In diesem Markt ist Stockpicking entscheidend, langfristig werden fundamental gut arbeitende Unternehmen zu den Gewinnern gehören.

Zur Person  Daryl Liew ist Senior Portfolio Manager bei REYL in Singapur und für die Verwaltung von Kundenportfolios zuständig. Er ist an der Asset-Allokation beteiligt und hat ferner eine Aufsichtsfunktion, um sicherzustellen, dass die Anlage­ent­schei­dungen den Erwar­tungen der Kunden entsprechen. Von 2002 bis 2010 arbeitete er bei Providend Ltd in Singapur und war zuletzt in der General­direktion für die Investments verantwortlich. In dieser Eigenschaft war er auch Mitglied des Investitions­ausschusses des Unter­nehmens und verwaltete sowohl die Portfolios von Providend als auch Kunden­konten. Er geniesst allgemeine Anerkennung und gehört zu den Verfassern des «Singapore Master Financial Planning Guide». Aus seiner Feder stammen ferner zahlreiche Artikel über die Grund­lagen und Trends im Investment­sektor. Daryl Liew besitzt einen Master in Business Management, Fachgebiet Finanzwesen, des Asia Institute of Management (Philippinen, 2002). Er verfügt ferner über eine Zulassung als CFA.

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