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Aktualität

2017/10/04
Der Markt für Art-Lending wächst inzwischen auch in Europa - Interview mit Xavier Ledru

Damit Sammler und Fachleuter Darlehen auf ihre Vermögenswerte aufnehmen können, bietet die von der Bank Reyl und Link Management gegründete Plattform Griffin durch Kunstwerke gesicherte Zinsstrategien an. Xavier Ledru umreisst sie für uns genauer.

Eine Plattform für die Verbriefung von Krediten, die durch Kunstwerke besichert sind, was genau muss man sich darunter vorstellen?

Es handelt sich hierbei einfach um eine Verbriefungsplattform, auf der direkt durch Kunstwerke besicherte Anleihen, so genannte asset backed notes, angeboten werden. Die Segmente, die wir auf dieser Plattform namens Griffin Art Partners entwickeln, übernehmen die Risiken dieser Darlehen, deren Höhe sich nach dem Wert der Kunstwerke richtet.

Welche Kunstwerke kommen dafür in Frage?

Es handelt sich um Werke namhafter Künstler, deren Marktwert ermittelt wurde und stabil ist. Dazu gehören wohlklingende Namen wie Warhol, Basquiat, Monet oder Matisse. Die Strategie fokussiert Gemälde, wenngleich wir Anlagen in Werke berühmter Bildhauer nicht ausschliessen.

Worin liegt die Attraktivität dieser asset backed notes für Investoren?

Diese Produkte sind im Rahmen einer diversifizierten Portfolioverwaltung interessant, als Beimischung zu sehr liquiden Positionen. Anders als bei Aktien oder Anleihen beruhen die auf der Plattform emittierten Notes auf Basiswerten, die nicht den Schwankungen der Finanzmärkte unterliegen.

Im Unterschied zu klassischen Kunstfonds vom Typ buy and hold fahren wir eine konservativere Strategie, die ausschliesslich auf fixed income beruht und einen festen Kupon zwischen 5% und 10% pro Jahr bietet. Die Laufzeit dieser Anleihen ist mit 1 bis 3 Jahren relativ kurz.

Die verpfändeten Kunstwerke werden sichergestellt und in einem Zollfreilager auf den Namen des Eigentümers eingelagert, damit sie schnell versteigert werden können, wenn der Kredit bei Fälligstellung nicht abgelöst wird. Die Zulassungskriterien für die Kunstwerke sind sehr streng; die gewährten Kredite belaufen sich auf 30% bis 50% ihres Schätzwerts, der von unserer Partnerin Link Management ermittelt wird, einer auf die Analyse und Verwaltung von Sicherheiten spezialisierten Unternehmensberatung mit Sitz in Luxemburg, .

Warum werden am Markt nur so wenige dieser Produkte angeboten?

Griffin Art Partners hat sich auf Kredite mit beschränktem Regress spezialisiert, d.h. für die Plattform dient ausschliesslich das Kunstwerk selbst als Sicherheit für eine Transaktion, die angenommen oder auch abgelehnt werden kann. In den USA hat dieser Markt bereits die Reife erreicht, in geringerem Umfang auch in Grossbritannien. In Kontinentaleuropa, wo Kunst normalerweise nicht als Kreditsicherheit verpfändet wird, wie beispielsweise Immobilien oder Wertpapierportfolios, wächst der Markt für Kunstdarlehen.

Bisher waren art lending-Transaktionen in der Regel grossen Kunsthändlern vorbehalten, die im direkten Auftrag von Sammlern und Kunstgalerien auftraten, da sie in der Lage waren, die überaus technischen Aspekte zu meistern. Dennoch sind Interessenkonflikte nicht auszuschliessen, was wiederum andere Akteure auf den Plan gerufen hat. Griffin Art Partners ist diesbezüglich vollkommen unabhängig. Das Unternehmen ist zudem ein Nischenplayer, der sich auf das gehobene bzw. obere Marktsegment spezialisiert hat, da sich der vom Vehikel zugrunde gelegte Beleihungswert auf mindestens 1 Million Euro belaufen muss – das verpfändete Kunstwerk muss demnach mindestens zwei Millionen Euro wert sein.

Welche Rolle spielen Reyl & Cie bei der Entwicklung von Griffin Art Partners?

Die Teams der Bank waren an der Auflegung des Anlagevehikels beteiligt und haben die optimale Strategie sowie die rechtliche und finanzielle Strukturierung festgelegt. So sind Reyl & Cie auch für die Koordinierung der Emissionen des Vehikels zuständig. Und die luxemburgische Tochtergesellschaft der Gruppe, Reyl Private Office, fungiert als Verwaltungsstelle von Griffin Art Partners.

Die technischen Aspekte des Sicherheitenmanagements und der Due Diligence-Prüfung sind extrem wichtig. Link Management verfügt in der Kunstwelt über anerkannte Expertise und einen sehr ausgefeilten Risikoansatz, der sich durch seine extrem strengen Due Diligence-Verfahren auszeichnet.

Welche Anlegerzielgruppe wollen Sie ansprechen?

Im Wesentlichen Privatbanken und Family Offices, die ihren Kunden innovative Allokationsstrategien mit einer Exposure in Basiswerten vorschlagen, die nicht mit den klassischen Anlageklassen korreliert sind. In Europa sprechen wir zunehmend auch Privat Debt-Fonds an. Derzeit arbeiten wir mit Sammlungen im Wert von mehreren Millionen Euro. Das sind Grössenordnungen, ab denen diese Anlegerzielgruppen Interesse zeigen.

Europa behauptet Führungsposition

Verschiedenen Schätzungen zufolge summierte sich der internationale Kunstmarkt 2016 auf 50 Milliarden US-Dollar. Aus geografischer Sicht liegt Europa mit einem Marktanteil von knapp über 40% weiter in Führung, gefolgt von den USA und Asien. Der Kunstmarkt hat seit der Jahrtausendwende ein sehr hohes Wachstum verzeichnet, tritt seit der Finanzkrise jedoch auf der Stelle. Die meisten Verkäufe erfolgen über Galerien und Kunsthändler. Die grossen Versteigerungen werden nach wie vor von den beiden renommierten Auktionshäusern Christie's und Sotheby's dominiert, die rund 20% der jährlichen Verkäufe abwickeln.